Warum müssen WissenschaftlerInnen ihr Vorgehen, ihre Befunde und Interpretationen detailliert beschreiben und können nicht einfach ihre Ergebnisse festhalten und vermitteln?
Dazu greife ich wieder auf das Beispiel der Archäologie zurück (siehe Teil I). Wir haben nun z. B. Teile einer römischen Straße ausgegraben und eine Theorie über ihren ursprünglichen Verlauf aufgestellt. Weil man aber nie alle Teile der alten Straße nahtlos analysieren kann, muss man für andere Menschen objektiv nachvollziehbar darlegen, dass die Theorie sinnvoll ist, und dass man sauber gearbeitet hat. Daher muss man dokumentieren wie man vorgegangen ist, was die Befunde sind und welche Schlüsse man daraus zieht (siehe Bilder).
Wusstet ihr, dass das der Grund ist, warum wissenschaftliche Publikationen meist relativ umfangreich sind? Es wird nicht einfach nur die Interpretation als Erkenntnis dargestellt, sondern der gesamte Forschungshergang wird transparent gemacht. Dieses Vorgehen ist Teil der Qualitätssicherung (darüber mehr in Teil III).
Was hat das nun mit meinem Job zu tun? Wissenschaftliche Erkenntnisse und Theorien sind wichtig für die Meinungsbildung. Vielerorts werden wissenschaftliche Erkenntnisse aber genutzt, um Menschen zu beeinflussen. Dazu werden häufig einzelne Interpretationen herausgegriffen, die die gewünschte Meinung unterstreichen. Dies kann sogar dazu führen, dass die gleiche Untersuchung als Argumentation für unterschiedliche Standpunkte genutzt wird. Manchmal werden fragwürdige Untersuchungen zitiert und manchmal werden Argumente dadurch entkräftet, dass die zugrundeliegende Studienanlage kritisiert wird.
Wie soll man sich in diesem Wust eine eigene Meinung bilden? Dazu ist es wichtig, dass wir ein Grundverständnis für den wissenschaftlichen Prozess haben. Dies kann im Rahmen von Wissenschaftskommunikation, Citizen Science oder eben auch im Schulunterricht vermittelt werden. Teil meiner Aufgabe als Biologiedidaktikerin ist es nun, zu untersuchen, wie Schülerinnen und Schülern lernen können, wie Naturwissenschaft (in meinem Fall die Biologie) zu ihren Erkenntnissen gelangt und diese kommuniziert. Und dazu buddele ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen einen Stein nach dem anderen aus um einen Beitrag zur Rekonstruktion des Straßenverlaufs zu leisten.

